Angebliche Corona-Notlage: Bund gegen Haseloff
Die siebte Corona-Notlage in Sachsen-Anhalt ist mehr als eine Haushaltsentscheidung.
Zum siebten Mal in Folge ruft Sachsen-Anhalt eine Corona-Notlage aus. Doch diesmal schlägt die Entscheidung politisch hohe Wellen. Der Landtag begründet die Notlage mit finanziellen Nachwirkungen der Pandemie. Kritiker sprechen hingegen von Trickserei und Haushaltsmissbrauch. Rechnungshof, Steuerzahlerbund, mehrere Parteien und prominente Bundespolitiker stellen die Rechtmäßigkeit infrage. Sogar ein historisch beispielloser Schritt steht im Raum: die Entmachtung von Ministerpräsident Reiner Haseloff durch einen Bundeskommissar nach Artikel 37 des Grundgesetzes.
Das Wichtigste in Kürze
- Sachsen-Anhalt ruft zum siebten Mal eine Corona-Notlage aus
- Rechnungshof hält die Begründung für juristisch angreifbar
- Mehr als die Hälfte der Maßnahmen hat keinen Pandemie-Bezug
- Breiter politischer Widerstand von AfD bis Grünen und aus Berlin
- Forderung nach Bundeskommissar nach Artikel 37 GG
Warum soll der Bund Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten Haseloff entmachten?
Der Vorwurf lautet, dass die Landesregierung die Corona-Notlage missbraucht, um Schulden zu rechtfertigen. Kritiker sehen darin eine schwere Pflichtverletzung, die ein Eingreifen des Bundes ermöglichen könnte.
Siebte Corona-Notlage sorgt für politischen Aufruhr
Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat erneut eine Corona-Notlage beschlossen. Es ist bereits das siebte Mal seit Beginn der Pandemie. Offiziell sollen damit finanzielle Spielräume geschaffen werden. Kritiker halten das für unglaubwürdig. Sie sehen keine akute Notlage mehr. Der Zeitpunkt wirkt politisch motiviert. Besonders brisant ist, dass die Notlage trotz abklingender Pandemieeffekte verlängert wird. Das sorgt für massiven Vertrauensverlust.
Rechnungshof warnt vor Missbrauch der Notlagen-Regelung
Der Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt meldete früh Bedenken an. Präsident Kay Barthel bezeichnet die Begründung mit Pandemie-Nachwirkungen als fragwürdig. Aus seiner Sicht darf der Staat Notlagen nicht dauerhaft nutzen. Schulden und Sondervermögen müssten klar begründet sein. Andernfalls drohe ein Verfassungsverstoß. Barthel hält die Konstruktion für vor Gericht angreifbar. Die Warnung erfolgte noch vor der Abstimmung.
Corona-Sondervermögen ohne echten Pandemie-Bezug
Besonders kritisch ist der Blick auf das Corona-Sondervermögen. Von 63 Maßnahmen haben mehr als die Hälfte keinen klaren Bezug zur Pandemie. Viele Projekte gehören zu normalen Staatsaufgaben. Dazu zählen Investitionen, die auch ohne Notlage nötig wären. Kritiker sprechen von Zweckentfremdung. Die Notlage wird so zum finanziellen Hebel. Genau das widerspricht dem Geist der Verfassung.
Steuerzahlerbund und Parteien sprechen von Haushaltschaos
Der Bund der Steuerzahler Sachsen-Anhalt geht hart ins Gericht. Landeschef Ralf Seibicke nennt die Notlage offen „Bullshit“. Er warnt vor brandgefährlichen Folgekosten. Der Landeshaushalt sei außer Kontrolle geraten. Auch politisch wächst der Widerstand. Die AfD prüft eine Klage vor dem Landesverfassungsgericht. Die Grünen denken ebenfalls darüber nach. Der Konflikt zieht sich quer durch das politische Spektrum.
Sahra Wagenknecht fordert Bundeskommissar
Aus Berlin kommt besonders scharfe Kritik von Sahra Wagenknecht. Die BSW-Gründerin spricht von Trickserei. Ihrer Ansicht nach will die Landesregierung Geld beschaffen und sich für kommende Wahlen positionieren. Wagenknecht fordert ein Eingreifen des Bundes. Sie verweist auf Artikel 37 des Grundgesetzes. Dieser erlaubt Bundeszwang bei schweren Pflichtverletzungen. Ein Bundeskommissar könnte den Missbrauch stoppen, so ihre Forderung.
Artikel 37 Grundgesetz und die Rolle des Bundes
Artikel 37 Absatz 2 des Grundgesetzes regelt den sogenannten Bundeszwang. Er greift, wenn ein Land seine Pflichten gegenüber dem Bund nicht erfüllt. In der Geschichte der Bundesrepublik wurde diese Regelung noch nie angewendet. Ein Bundeskommissar wäre ein massiver Eingriff in die Länderhoheit. Dennoch zeigt sich FDP-Vize Wolfgang Kubicki offen für diesen Schritt. Er nennt die Idee bestechend und diskussionswürdig. Die Debatte ist damit auf höchster Ebene angekommen.
Fazit
Die siebte Corona-Notlage in Sachsen-Anhalt ist mehr als eine Haushaltsentscheidung. Sie hat sich zu einer verfassungsrechtlichen und politischen Grundsatzfrage entwickelt. Der Vorwurf des Missbrauchs wiegt schwer. Sollte der Bund tatsächlich eingreifen, wäre das ein historischer Einschnitt. Klar ist: Der Druck auf Reiner Haseloff wächst. Und die Diskussion um Macht, Recht und Verantwortung ist längst nicht beendet.