GEZ: 1200 Euro wegen DSGVO-Auskunft?
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GEZ: 1200 Euro wegen DSGVO-Auskunft?

In sozialen Netzwerken macht derzeit ein Versprechen die Runde, das vielen Menschen Hoffnung auf schnelles Geld macht: 500 bis 1.200 Euro Schadensersatz vom Rundfunkbeitrag, nur weil eine DSGVO-Auskunft angeblich zu spät kommt. Besonders Rentnerinnen und Rentner werden gezielt angesprochen. Doch hält diese Rechnung der rechtlichen Realität stand? Der folgende Text ordnet die Kampagne nüchtern ein, erklärt die tatsächliche Rechtslage rund um Art. 15 und Art. 82 DSGVO und zeigt, warum der Weg von einer verspäteten Auskunft bis zu einer Auszahlung deutlich steiniger ist, als Social Media suggeriert.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO besteht auch gegenüber dem Beitragsservice.
  • Eine verspätete Antwort allein begründet keinen automatischen Geldanspruch.
  • Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO setzt einen konkreten Schaden voraus.
  • Gerichte verlangen mehr als Ärger oder bloße Fristüberschreitungen.
  • Klagen „ohne Anwalt“ bergen ein erhebliches Kostenrisiko.

Kann man 500 bis 1.200 Euro vom Rundfunkbeitrag verlangen, wenn die DSGVO-Auskunft zu spät kommt?

Nein. Nach aktueller Rechtsprechung reicht eine verspätete DSGVO-Auskunft allein nicht aus. Es muss ein konkreter materieller oder immaterieller Schaden nachgewiesen werden.

Wer beim Rundfunkbeitrag überhaupt Auskunft erteilt

Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio ist keine eigenständige Behörde. Er handelt im Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Datenschutzrechtlich sind deshalb die jeweiligen Landesrundfunkanstalten verantwortlich. Für Betroffene wirkt das oft anders, da Auskunftsersuchen praktisch über den Beitragsservice laufen.
Hinzu kommt, dass Daten nicht nur direkt von Beitragspflichtigen stammen. Ein erheblicher Teil kommt aus gesetzlich geregelten Meldedatenübermittlungen der Einwohnermeldeämter. Diese Daten werden genutzt, um Beitragspflichten zu prüfen oder zu aktualisieren.

Gerade deshalb interessieren sich viele Menschen dafür, wann welche Daten übermittelt wurden. Das Auskunftsrecht soll genau diese Transparenz ermöglichen. Es ist kein Sonderrecht gegen den Rundfunkbeitrag, sondern Teil des allgemeinen Datenschutzes.

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Art. 15 DSGVO: Starkes Recht, aber kein Geldautomat

Art. 15 DSGVO gibt Betroffenen einen umfassenden Anspruch auf Information. Dazu zählen Zweck der Verarbeitung, Speicherdauer, Datenherkunft und Empfänger. Dieses Recht dient der Kontrolle und Korrektur.

Begleitet wird es von Art. 12 DSGVO. Dort ist geregelt, dass die Auskunft grundsätzlich innerhalb eines Monats erfolgen muss. Die Frist kann verlängert werden, wenn viele oder komplexe Anträge vorliegen.

Wichtig ist: Die Stelle muss über die Verlängerung informieren. Außerdem darf sie bei exzessiven oder offensichtlich unbegründeten Anträgen reagieren, etwa mit Gebühren oder Ablehnung.
In der Praxis bedeutet das, dass Massenanfragen kein rechtlicher Vorteil sind. Wer eine Auskunft möchte, muss sich identifizieren und Geduld mitbringen. Ein Anspruch auf Geld ergibt sich daraus noch nicht.

Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO: Hohe Hürden in der Praxis

Art. 82 DSGVO sieht Schadensersatz vor, wenn ein Verstoß zu einem Schaden führt. Das kann materiell oder immateriell sein. Entscheidend ist aber: Der Schaden muss tatsächlich eingetreten sein.
Der Europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass ein DSGVO-Verstoß allein nicht reicht. Gleichzeitig darf es keine starre Erheblichkeitsschwelle geben. Diese Differenzierung wird in Kampagnen oft verzerrt dargestellt.

Gerichte prüfen sehr genau, ob ein Schaden plausibel vorgetragen wird. Es geht nicht um Bestrafung der verantwortlichen Stelle. Es geht um Ausgleich.
Wer also nur auf den Ablauf einer Frist verweist, bleibt meist unterhalb dieser Schwelle. Genau hier scheitern viele Erwartungen an schnelle Auszahlungen.

BAG und BGH: Warum Verspätung kein Schaden ist

Das Bundesarbeitsgericht hat im Februar 2025 deutlich gemacht, dass drei Voraussetzungen erfüllt sein müssen: Verstoß, Schaden und Kausalität. Im entschiedenen Fall fehlte es am Schaden.
Das Gericht stellte klar, dass Ärger, Unsicherheit oder Genervtsein nicht ausreichen. Auch ein behaupteter Kontrollverlust liegt bei bloßer Verspätung nicht automatisch vor.
Der Bundesgerichtshof hat zwar anerkannt, dass Kontrollverlust ein immaterieller Schaden sein kann. Das gilt aber vor allem bei Datenabflüssen, etwa beim Facebook-Scraping.
Bei einer verspäteten Auskunft fehlt meist genau dieser Datenabfluss. Die Daten sind nicht außer Kontrolle geraten. Sie wurden nur später erklärt.
Diese Unterscheidung ist zentral. Kampagnen blenden sie häufig aus.

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Amtsgericht Nürnberg und die klare Absage an den Automatismus

Auch die Instanzgerichte zeigen wenig Sympathie für pauschale Forderungen. Das Amtsgericht Nürnberg hat entschieden, dass eine verspätete Auskunft für sich genommen keinen Schadensersatz auslöst.

  • Die Begründung ist eindeutig. Art. 82 DSGVO will Schäden ausgleichen, keine Formfehler vergüten.
  • Wer klagt, muss mehr vortragen als ein Datum. Es braucht konkrete Auswirkungen auf die eigene Rechtsposition.
  • Diese Linie passt zu BAG und EuGH. Sie zeigt, dass die Erfolgsaussichten stark vom Einzelfall abhängen.
  • Ein pauschales Erfolgsversprechen ist damit nicht vereinbar.

Warum „ohne Anwalt“ oft teuer endet

Vor dem Amtsgericht besteht kein Anwaltszwang. Das klingt attraktiv. Tatsächlich bleibt aber die volle Verantwortung beim Kläger.
Eine Klage erfordert Sachvortrag, Beweise und Fristenkontrolle. Öffentliche Stellen treten fast immer anwaltlich vertreten auf.
Wer verliert, trägt die Kosten. Dazu gehören Gerichtskosten und gegnerische Anwaltsgebühren.
Gerade für Menschen mit geringem Einkommen ist das riskant. Der mögliche Gewinn steht oft in keinem Verhältnis zum Verlustrisiko.
Auch Rechtsschutzversicherungen prüfen genau. Eine Deckungszusage ist keineswegs sicher.

Kampagnenlogik, Nebenangebote und reale Alternativen

Viele Aufrufe zielen nicht auf individuelle Klärung, sondern auf Überlastung durch Masse. Daraus soll ein Fristversäumnis entstehen.
Art. 12 DSGVO berücksichtigt solche Situationen ausdrücklich. Verlängerungen sind zulässig.
Zudem gibt es ein Umfeld aus kostenpflichtigen Diensten und sogar Betrugsversuchen. Der Beitragsservice warnt vor falschen Rückerstattungsangeboten.
Sinnvoll ist ein Auskunftsersuchen dann, wenn es um konkrete Fehler geht. Etwa falsche Adressen oder unklare Meldedaten.
Bleibt eine Antwort aus, ist auch der Weg über Datenschutzaufsichtsbehörden möglich. Das ist oft günstiger und effektiver als eine Klage.

Fazit

Das Versprechen von 500 bis 1.200 Euro vom Rundfunkbeitrag durch eine verspätete DSGVO-Auskunft klingt verlockend, hält aber selten stand. Die Rechtsprechung verlangt einen echten Schaden, nicht nur eine verpasste Frist. Wer klagt, geht ein reales Kostenrisiko ein. Das Auskunftsrecht ist wichtig, aber kein Geschäftsmodell. Wer nüchtern prüft und Alternativen kennt, schützt sich vor teuren Fehlentscheidungen.

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